Im Laufe der Zeit hat sich die Arbeit der Associação Albergue Martim Lutero sehr stark weiterentwickelt und es werden heute eine ganze Reihe von zum Teil sehr unterschiedlichen Aufgabenbereichen abgedeckt. Sie können im Folgenden nur andeutungsweise beschrieben werden, da eine ausführliche Darstellung den Rahmen dieser Publikation sprengen würde.
1. Die Albergue (Herberge) „Martim Lutero“:
a) Beherbergung
Seit ihrer Gründung besteht die Hauptaufgabe der Albergue darin, Menschen jedweder Konfession, die aus dem Landesinneren kommen, zu beherbergen.
Dafür steht zur Zeit eine notdürftig eingerichtete Doppelhaushälfte zur Verfügung, die früher als gewöhnliches Wohnhaus genutzt wurde.
Während im 1. Stock des Hauses der Leiter der Albergue, Arlindo Lagass, mit seiner Familie wohnt, wird das Erdgeschoss für die Unterbringung der Patient/-innen genutzt. 32 Betten stehen in drei Räumen zur Verfügung. Die normale Belegung der Albergue liegt jedoch bei 35 Personen, was nur durch das Aufstellen von Notbetten möglich ist.
Die Aufenthaltsdauer in der Albergue ist abhängig von der medizinischen Versorgung. Sind nur ärztliche Untersuchungen notwendig können Patient/-innen schon nach zwei oder drei Tagen wieder nach Hause entlassen werden.
Bei einer der – wesentlich häufiger erforderlichen – ambulanten Behandlungen in einem der Krankenhäuser der Bundeshauptstadt Vitória dauert der Aufenthalt bis zu acht oder zehn Wochen.
Der Aufenthalt in der Albergue ist für die Patienten grundsätzlich kostenlos. Dies gilt sowohl für Übernachtung als auch für die regelmäßigen Mahlzeiten.
Neben der normalen Versorgung der Menschen, werden auch Verbandswechsel vorgenommen sowie die Einnahme verordneter Medikamente überwacht.
Wie groß der Bedarf an dieser Arbeit und Einrichtung ist, zeigt die folgende kurze Statistik:
Jahr neue Patienten eingetragene Patienten
1996 339 1109
1997 451 1242
1998 ca. 500 ca. 1400
Da zum einen immer mehr Menschen das Angebot der Albergue wahrnehmen, und auf der anderen Seite Patient/-innen verschiedenster Erkrankungen in ein und demselben Raum untergebracht werden müssen, hoffen die Verantwortlichen in Vitória, in naher Zukunft ein größeres Haus bauen zu können.
b) Begleitung der Patientinnen und Patienten
Während des Aufenthaltes in Vitória werden die Patienten von einer/einem Mitarbeiter/in der Albergue zu den ärztlichen Untersuchungen, den Labortests oder den Krankenhausbehandlungen begleitet, um eventuell auftretende Sprachbarrieren überbrücken zu können.
Dies ist besonders bei Erstuntersuchungen oder der Anmeldung zu einer notwendigen Operation unabdingbar, um eine fach- und sachgerechte Behandlung zu ermöglichen.
c) Organisation der An- und Abreise
In Absprache mit den ausgebildeten medizinischen Helfern sowie anderen Ansprechpartnern organisieren die Mitarbeiter/-innen der Albergue den Transport sowohl vom Heimatort nach Vitória, als auch die Rückreise. Gegebenenfalls werden die Patienten direkt zu Hause abgeholt.
d) seelsorgerliche Betreuung des Kranken
Da viele Patienten das erste Mal überhaupt von Zuhause fort sind, hat es sich als überaus dringend heraus gestellt, sie während des Aufenthaltes in der Albergue seelsorgerlich zu betreuen.
Auch müssen viele Patienten die ärztliche Diagnose verarbeiten, die in vielen Fällen Krebs lautet und mit einer weitgehenden Umstellung der bisherigen Lebensumstände verbunden ist.
2. Dermatologisches Projekt zur Vorbeugung von Hautkrebs
Die Fortführung dieser 1987 begonnenen Arbeit bildet einen weiteren Schwerpunkte der Arbeit der Associação Albergue Martim Lutero.
Das Hauptziel besteht dabei darin, die Ausbreitung von Hautkrebs und anderen Krebserkrankungen einzudämmen, sowie erkrankten Menschen frühzeitig zu helfen, um ihre Lebenserwartung und Lebensqualität zu verbessern.
a) monatliche Untersuchungen und Operationen in 12 Gemeinden
Regelmäßig einmal Monat wird eine von 12 zentral liegenden Gemeinden im Landesinneren des Bundesstaates Espirito Santo ein Wochenende lang besucht.
In Zusammenarbeit mit der Universität, der Universitätsklinik, dem Gesundheitsamt und den Gemeinden der evangelisch-lutherischen Kirche im Bundesstaat Espirito Santo wird jeweils ein etwa 25-köpfiges Team zusammengestellt, dem neben Universitätsprofessoren und Medizinstudent/-innen der letzten Ausbildungsphase auch Mitarbeiter/-innen der Albergue angehören.
Diese Teams führen in Gemeinderäumen im Landesinneren, die mit einfachsten Mitteln ausgestattet sind eine umfangreiche medizinische und pflegerische Arbeit durch.
Den Anfang bildet eine ausführliche Untersuchung aller Menschen, die sich am jeweiligen Gemeindehaus einfinden. Diese Untersuchungen, bei denen vor allem auf Haut- und andere Krebserkrankungen geachtet wird, werden sorgfältig dokumentiert, damit bei einem weiteren Besuch auf vorherige Untersuchungsergebnisse Bezug genommen werden kann.
Sofern es sich als notwendig erweist, werden kleinere Operationen von den mitgereisten Ärzten sofort ambulant durchgeführt. Für unsere Vorstellungen unter primitivsten Bedingungen. Jedoch hat es in den mehr als zehn Jahren, die diese Arbeit besteht noch nicht einen Fall, von Wundentzündung gegeben.
Die große Zahl der Menschen, die erreicht wurden, zeigt die vielfältigen Möglichkeiten konkreter Hilfe, die durch das Projekt „Dermatologie“ angeboten und umgesetzt wird.
Jahr Untersuchungen chirurgische Eingriffe
1996 3621 1451
1997 3632 1221
1998 ca. 3900 ca. 1500
Insgesamt wurden seit 1987 mehr als 45.000 Untersuchungen durchgeführt und über 25.000 kleinere chirurgische Eingriffe vorgenommen.
410 Ärzte, die alle schon als Medizinstudenten an diesem Projekt teil-genommen haben, sind ehrenamtlich in die Arbeit integriert.
b) Vorbeugung und Information
Ein weitere Arbeitsschwerpunkt liegt in der ausführlichen Information und Prävention, damit die Zahl der Menschen zurückgeht, die aufgrund unsachgemäßer Handhabung oder unzureichendem Sonnenschutz krank werden.
Durch Diavorträge und Demonstrationen wird über die Gefahren der Spritzmittelverwendung in der Landwirtschaft, einen effektiven und einfachen Sonnenschutz sowie über die Gefahren des Alkohol- und Nikotinmissbrauchs aufgeklärt.
Auch werden Flugblättern mit Informationen zur Vorbeugung gegen Hautkrebs, Brustkrebs, Gebärmutterhalskrebs, Prostatakrebs, Mund- und andere Krebsarten verteilt.
c) aktiver Einsatz für ein besseres Gesundheitswesen
Mit der kontinuierlichen Arbeit in 12 zentralen Bezirken von Espirito Santo setzt die Associação Albergue Martim Lutero auch ein deutliches gesellschaftspolitisches Zeichen. Denn das staatliche Gesundheitssystem Brasiliens ist nicht in der Lage, der Mehrheit der Bevölkerung die notwendigen Untersuchungen und Behandlungen zu verschaffen.
So ist die planerische und organisatorische Arbeit der Mitarbeiter/-innen der Albergue für ungezählte Menschen zu einem Hoffnungsschimmer gegen die herrschende Diskriminierung in Brasilien.
3. weitere Projekte der Albergue
a) Ausbildung von medizinischem Personal
In Zusammenarbeit mit anderen Organisationen konnte bereits eine relativ große Zahl sogenannter Gesundheitshelfer/-innen ausgebildet werden. Diese arbeiten seitdem in den Gemeinden im Landesinneren und stellen für viele kranke Menschen eine erste Anlaufstelle dar. Die Gesundheitshelfer/-innen entscheiden dann auch, ob und in wie weit eine intensivere ärztliche Behandlung – gegebenenfalls in der Landeshauptstadt Vitória – notwendig ist. Sie vermitteln in einem solchen Fall auch den Kontakt zur Albergue und ermöglichen einen Aufenthalt dort sowie die An- und Heimreise.